Graciela Paraskevaídis

*  1. April 1940

†  21. Februar 2017

von Omar Corrado und Thomas Beimel

Essay

»Auch wenn es niemanden besonders kümmern mag, so ist das Leben als Komponist oder Interpret doch eine Art, in der Welt zu sein, Fragen zu stellen und Antworten zu suchen, ein Versuch zu existieren und standzuhalten, zu zweifeln und zu erörtern. Außerdem ist es eine Möglichkeit, das Recht auf Freiheit auszuüben und – folglich – ein Akt des Widerstands« (Paraskevaídis 2012). Mit dieser Aussage verteidigt Paraskevaídis ihre kompositorische Arbeit als Medium der Reflexion und Zeitzeugenschaft innerhalb eines Kontextes, der sich von der europäischen Gegenwart und mehr noch der Vergangenheit unterscheidet.

Für die Herausbildung ihrer Ästhetik waren zwei Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung. Ihr offizielles Œuvre lässt sie mit magma I für neun Blechbläser (1966/67) beginnen, das zu einem Zeitpunkt entstand, als sie sich bereits dazu entschlossen hatte, ihre kompositorische Tätigkeit innerhalb einer lateinamerikanischen Perspektive zu positionieren. Die zweite fundamentale Entscheidung war in ihren ästhetischen Auswirkungen subtiler, aber nicht weniger wirkungsmächtig: 1975 verließ Paraskevaídis ihre Geburtsstadt Buenos Aires und ließ sich auf der anderen Seite des Río de la Plata nieder, in Montevideo, der Hauptstadt von Uruguay, wo sie seither lebt. Zwei Jahre zuvor hatte auch in Uruguay ...